Im österreichischen Strafrecht wird Frauenhandel unter dem Tatbestand Menschenhandel (§104a StGB) und Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§217 StGB) gefasst.
Unter Menschenhandel versteht man die Ausbeutung einer volljährigen Person unter anderem in ihrer sexuellen Integrität, durch Organentnahme oder als Arbeitskraft unter Einsatz unlauterer Mittel, wie Einsatz von Täuschung, Einschüchterung, Gewalt, gefährliche Drohung, die Ausnützung einer Autoritätsstellung, einer Zwangslage, oder eines Zustands, der die Person wehrlos macht.
Von Grenzüberschreitenden Prostitutionshandel spricht man, wenn eine Person dazu gezwungen wird, der Prostitution in einem anderen als ihr Herkunftsland nachzugehen.
Im Jahr 2013 wurden bei LEFÖ-IBF 261 Frauen und Mädchen und deren Kinder beraten und betreut. 54% der Betroffenen stammt aus EU-Ländern. 65% aller betreuten Frauen und Mädchen wurden in Bereiche der sexuellen Ausbeutung gehandelt, dieser Anteil ist schon über längere Zeit gleichbleibend. Erstmalig wurden 50% aller Klientinnen von der Polizei überwiesen.
Diese Statistik und die Analyse der Zahlen sprechen ausschließlich über von Frauenhandel betroffene Frauen, die in Kontakt mit uns kamen und eindeutig als Betroffene erkannt wurden. Wir wissen aber, dass nicht alle betroffenen Frauen und Mädchen als solche erkannt werden. Viele Barrieren verhindern die Identifikation und die unterstützende Handlung: Prostitution wird oft mit Frauenhandel gleichgesetzt, oder aber auch Frauenhandel mit Prostitution. Wenngleich in den letzten Jahren andere Formen der Arbeitsausbeutung vermehrt thematisiert werden, beschränkt sich die Wahrnehmung oft auf stereotype Bilder von plakativen Opfern. Auch Migrantinnen, die getäuscht wurden oder unter Zwang stehen und verschiedenste Formen der Ausbeutung in den Bereichen Ehe, Landwirtschaft, Haus- und Pflegearbeit oder der Tourismusindustrie erleben, sind Betroffene von Frauenhandel. Sie werden in der Praxis weder durch das gesellschaftliche Umfeld noch durch die Institutionen als Opfer identifiziert, sondern – noch problematischer – wie Täterinnen behandelt. Ihre Entscheidung zur Arbeitsmigration wird ins Zentrum gesetzt und zur Schuld stilisiert, die Ausbeutung und die Gewalt im Kontext von Frauenhandel werden ihnen angelastet – blaming the victim – das Opfer selbst wird für die Tat verantwortlich gemacht. Frauen machen sich auf den Weg, um in einem anderen Land, einer anderen Region oder einer anderen Stadt ein lebenswerteres Leben für sich und ihre Familien aufzubauen und eben dieser Wunsch nach einem besseren Leben wird von skrupellosen Tätern und Täterinnen ausgenutzt. Je geringer das Bewußtsein einer Gesellschaft über die Hintergründe von Migration und Arbeitsausbeutung ausgeprägt ist, umso leichteres Spiel haben die TäterInnen. Selten wenden sich dann Betroffene an Behörden oder andere Einrichtungen, sie sind in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, haben Angst und können sich nicht vorstellen, dass jemand für sie Partei ergreift oder ihnen irgendjemand glauben würde. Immer wieder sind wir mit der Aussage konfrontiert: „Ich kann das doch so nicht erzählen, das glaubt mir niemand!“
Um zu garantieren, dass Menschen zur Verantwortung gezogen werden, die auf Basis von Ausbeutung anderer Profite erzielen, muss sich etwas verändern: nämlich die Wahrscheinlichkeit angemessen dafür bestraft zu werden. Wenn der Handel von Frauen und Mädchen nicht als Kavaliersdelikt behandelt wird, erleichtert dies auch die Entwicklung eines gesamtgesellschaftlichen Unrechtsbewußtseins – daher ist die Ausstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft mit ausreichenden Ressourcen eine grundlegende sowie weitreichende Maßnahme im Kampf gegen Frauenhandel.